Städtebauliche Vertrag

Aus Planungspraxis - Planen verstehen
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Planung durch städtebauliche Verträge - Inhalte, Grenzen und Praxisprobleme aus Sicht der Gemeinde

"Die Zeiten voller Kassen bei den Gemeinden sind schon länger vorbei. So bietet die Planung durch Vertrag für viele Kommunen die einzige Möglichkeit, städtebauliche Entwicklung in größerem Umfang zu betreiben. Zudem entdecken immer mehr Investoren die Möglichkeiten, die sich ihnen insbesondere durch die Regelungen zur vorhabenbezogenen Bebauungsplanung eröffnen. In der Begründung zum Entwurf des BauROG heißt es daher folgerichtig: Die im BauGB-MaßnG enthaltenen Regelungen über städtebauliche Verträge und über Vorhaben- und Erschließungspläne haben zu einer deutlich stärkeren Zusammenarbeit von Gemeinden und Investoren beigetragen. Hierdurch ist es gelungen, zügig und zum Vorteil beider Partner Bauland auszuweisen. Da durch diese Regelung im Gegensatz zur Angebotsbebauungsplanung auf den Einzelfall zurechtgeschnittene planerische Lösungen ermöglicht werden, leisten sie zugleich einen Beitrag zur Nutzungsmischung im Städtebau. Entwicklung städtebaulicher Verträge Städtebauliche Verträge sind keine Neuerung des BauROG 1998; bereits vor ihrem offiziellen Probelauf mit dem Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz (seit dem 01.05.1993), das als Reaktion auf die massiven Baulandengpässe nach der Wiedervereinigung erlassen wurde, waren städtebauliche Verträge in der Verwaltung nichts Unübliches" mehr...

Städtebaulicher Vertrag – öffentlich oder geheim?

Städtebauliche Verträge dienen insbesondere der Durchführung und Vorbereitung städtebaulicher Maßnahmen nach dem BauGB: | § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB enthält ausdrücklich vier Vertragstypen, die vor allem als flankierende Maßnahmen zu einer ansonsten abwägungsfehlerfrei erfolgenden Bauleitplanung abgeschlossen werden. Oder mit anderen Worten: Falls es sich bei einem städtebaulichen Vertrag NUR um flankierende Maßnahmen der Bauleitplanung handelt, kann der Städtebauliche Vertrag nicht Teil des Abwägungsmaterials sein und muss folglich nicht zwingend der Öffentlichkeit im Planaufstellungsverfahren zugänglich gemacht werden.

Die Aufzählung der Vertragstypen ist aber nicht abschließen, § 11 Abs.1 Satz 2 BauGB. Und in der Tat werden in städtebaulichen Verträgen oftmals Regelungen getroffen, die der Bezirk ebenso gut als Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB im Bebauungsplan hätte treffen können, wie z.B. Ausgleichs- und Ersatzregelungen für Eingriffe in Natur und Landschaft. Spätestens in diesem Fall muss der Städtebauliche Vertrag als Teilergebnis des Abwägungsprozesses analog zum Augsburger Modell in das Bauleitplanverfahren eingestellt werden. Die weit verbreitete Verwaltungspraxis in Berlin, die Vertragsregelungen lediglich in der Begründung zum Bebauungsplan zusammenzufassen, ist abzulehnen, da der Teufel bekanntlich im Detail steckt.

Das Augsburger Modell trägt zur Optimierung der Planung und zu mehr Transparenz bei. Neben dem öffentlich-rechtlichen Teil städtebaulicher Verträge existiert oftmals noch ein privatrechtlicher Teil, der zum Beispiel Grundstücksgeschäfte betrifft. Dieser Teil des Vertrags kann den BVV-Mitgliedern selbstverständlich im nicht-öffentlichen Teil der Sitzungen zur Beschlussfassung vorgestellt werden.


Und die Praxis? TAZ vom 6.11.2012: Kuhhandel mit Grundstücken - Bürger fühlen sich verschaukelt von Sebastian Heiser

Berlin will den Mauerpark-Deal hinter verschlossenen Türen besiegeln. Die taz veröffentlicht den Vertrag – der pikante Details enthält

Bevor der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses heute über die Zukunft des Mauerparks berät, müssen alle Gäste den Raum verlassen. Die Öffentlichkeit wird ausgeschlossen – über die Details des Vertrags, den das Land Berlin mit dem Grundstückseigentümer schließen will, soll nur hinter verschlossener Tür gesprochen werden. So war es gedacht – doch die taz veröffentlicht jetzt das komplette Papier zum Download [1] zusammen mit einer Darstellung des Geschäfts [2] durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Es geht um den Streifen westlich des bisherigen Mauerparks an der Grenze zwischen Wedding und Prenzlauer Berg. Der Vertragsentwurf offenbart jede einzelne Regelung des Grundstücksgeschäfts [Tagesspiegel Rahmenvertrag nicht bindend?: Warum die Hochhäuser im Berliner Gleisdreieckpark vielleicht doch nicht kommen Bisher hieß es, die Türme müssten wegen eines Vertrags von 2005 gebaut werden. Ein Gutachten lässt daran jetzt Zweifel aufkommen. Am Sonnabend startet ein öffentlicher „Runder Tisch“. Von Teresa Roelcke 20.09.2023, 11:46 Uhr Die Hochhausplanungen für die „Urbane Mitte“ am Gleisdreieckpark führen wieder zu Diskussionen. Der südliche Teil des Bebauungsplans liege beschlussreif vor, sagte Bausenator Christian Gaebler (SPD) vergangene Woche bei einer Veranstaltung des wirtschaftsnahen Vereins Neue Wege, als im Publikum gefordert wurde, der Senat möge das Verfahren an sich ziehen: „Das Bezirksamt von Friedrichshain-Kreuzberg hat die Verantwortung, das jetzt zu machen und in der BVV für die Mehrheit zu sorgen.“ Auch der SPD-Fraktion von Friedrichshain-Kreuzberg, „die meint, man müsse das alles jetzt nochmal von vorne diskutieren“, habe er gesagt: „Ihr spinnt“, berichtete Gaebler. Warum findet Gaebler, dass die SPD-Fraktion in Kreuzberg spinnt? Anlass ist ein Rechtsgutachten des Anwalts Philipp Schulte, das die Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck gemeinsam mit den Naturfreunden Berlin beauftragt hatte. Ende August stellten sie es vor: Schulte kommt zu dem Schluss, dass bestimmte Vereinbarung aus dem städtebaulichen Rahmenvertrag zum Gleisdreieck, der 2005 zwischen dem damaligen Flächeneigentümer Vivico, dem Land und dem Bezirk geschlossen wurde, nicht bindend sind. Sollte sich diese Rechtsauffassung auch in weiteren Prüfungen bestätigen, dann stünden die Hochhäuser im Park tatsächlich infrage. Ein umstrittener Entschädigungsmechanismus Im Rahmenvertrag 2005 war vereinbart worden, dass um die Gleisanlagen des Gleisdreiecks herum Hochhäuser mit einem Bauvolumen von 119.000 Quadratmeter errichtet werden dürfen, abgesichert durch einen Entschädigungsmechanismus: Wenn Land oder Bezirk planungsrechtlich verhindern, dass der Investor das versprochene Bauvolumen voll ausreizt, könnte dieser einen Ausgleich fordern. Anwohner und Initiativen aber verwehren sich seit langem gegen die geplanten sieben Türme im Herzen des hochfrequentierten Parks. Sie fürchten, der Charakter des Parks könnte sich deutlich verändern, fürchten eine Barriere in der Frischluftzufuhr für die Stadt. Außerdem sind hauptsächlich Büros und keine Wohnungen in den Hochhäusern geplant. Das gehe vollkommen am Bedarf vorbei. Anfang 2021 kamen bei einer öffentlichen Auslegung des Bebauungsplans für den südlichen Teil 587 Stellungnahmen von Bürgern zusammen, davon 579 mit Kritik am Bauvorhaben. Auch im Bezirksamt ist man schon seit langem unglücklich über die Pläne. Der Bezirk ist dafür zuständig, das Planungsrecht zu schaffen. Gleichzeitig verfügt er aber nicht über die finanziellen Mittel, die ihm die Freiheit lassen würden, im Zweifel die im Rahmenvertrag vorgesehenen Entschädigungen zu zahlen, wenn die Bürgerbeteiligung im B-Plan-Prozess Änderungen bei Art und Maß der Bebauung notwendig machten. Wozu also die Bürgerbeteiligung, wenn im Rahmenvertrag schon die wichtigsten Fragen festgelegt sind? Verstoß gegen das Baugesetzbuch? Das von den Initiativen beauftragte Gutachten besagt nun: Die Vereinbarung aus dem Vertrag von 2005 sei nicht wirksam. Es verweist auf das Baugesetzbuch, in dem steht: „Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.“ Wenn sich eine planende Gemeinde vorab vertraglich zu einer bestimmten Planung verpflichte, könnten die demokratisch gewählten Gremien schließlich nicht frei und unvoreingenommen entscheiden, so das Gutachten. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden. § 1 Abs. 3 S. 2 Baugesetzbuch Hier kommt die Bezirks-SPD-Fraktion ins Spiel, die die Wünsche des SPD-Bausenators, nun endlich Baurecht zu schaffen, nicht unterstützt: Anfang September teilte sie unter dem Titel „Aus der Zeit gefallen: Für eine Neuplanung der Urbanen Mitte“ mit, dass sie das Rechtsgutachten „mit großem Interesse zur Kenntnis genommen“ habe. Die Planung der Urbanen Mitte sei nicht mehr mit den heutigen Bedürfnissen der Stadt kompatibel: „Die Stadt benötigt dringend sozialen und umweltfreundlichen Wohnraum, keine neuen Büroflächen.“ Die Stadt benötigt dringend sozialen und umweltfreundlichen Wohnraum, keine neuen Büroflächen. SPD-Fraktion Friedrichshain-Kreuzberg Die SPD-Fraktion schloss sich daher genauso wie die Linken einem Antrag der Grünen an, das Gutachten durchs Bezirksamt zu prüfen: „Im Anschluss sollen die Auswirkungen auf das Verfahren geklärt werden“, also, ob der Bezirk nicht vielleicht doch viel freier in der Erarbeitung des B-Plans ist als bisher angenommen und die Pläne nochmal komplett aufmachen könnte. Ein Gegengutachten Auch die Investorenseite reagierte auf das Gutachten der Initiativen und konterte mit einem eigenen, erstellt von der Kanzlei Hellriegel. Dieses Gutachten kommt zu dem Schluss, der Rahmenvertrag enthalte „keine unzulässige Vorabbindung“. Schließlich begründe er keinen „auf die Bebauungsplanaufstellung gerichteten Primäranspruch“, sondern sehe „lediglich Ausgleichsansprüche bei Ausbleiben der Planung“ vor, die zulässig seien. Wie geht es nun weiter? Der Bezirk befindet sich aktuell in der Prüfung der Gutachten. Es fänden noch Abstimmungen mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung statt, die ja ebenfalls Vertragspartei sei, teilte die Pressestelle mit, bevor man inhaltlich Stellung beziehen könne.

| mehr:....]