Paradigmenwechsel

Aus Planungspraxis - Planen verstehen
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Die Wirtschaftsentwicklung stellt die Kommunen vor eine Reihe im Rahmen ihrer begrenzten Kompetenzen zunehmend weniger lösbarer Aufgaben. Die kommunalen Handlungsfelder zur Beeinflussung der jeweiligen Wirtschaftsstruktur beschränken sich weitestgehend auf die Steuerung und Festlegung von Flächennutzung, die Genehmigung von Betrieben und angebotsorientierte Aktivitäten der Wirtschaftsförderung. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands fand dann – zunächst nur begrenzt auf die Neuen Länder – und ab 2004 dann allgemein das Instrument des Vorhaben- und Erschließungsplans § 12 BauGB Eingang ins BauGB. Parallel dazu wurde das Instrument des Beschleunigte Verfahrens § 13a entwickelt mit dem Ziel, die Realisierung von Groß-Vorhaben zu vereinfachen und zu beschleunigen. „So kommen Stadtplaner aus Bremen zu folgendem Fazit: „Der ganzheitliche Planungsansatz tritt zurück. Planung für das ‚Gemeinwohl’ i.S. der Daseinsvorsorge, verliert an Bedeutung. „Demokratie als Bauherr“: Ein Schlagwort der Sechziger !“ „Ein komplexes Planungsproblem mit dem Ziel des allgemeinen Konsenses anzugehen, passt nicht mehr in die Zeit projektorientierten Handelns. Dementsprechend nimmt die Bedeutung lenkender Planung, insbesondere der vorbereitenden Bauleitplanung ab. Der Planer braucht einen ‚Partner’, Investor, Projektgesellschaft u.a… Er wird bei der Umsetzung des Projektes zum ‚Mittäter’ und Berater in einem auf zügige Durchführung orientierten Bauleitplanungsprozess.“ „Die Durchführungsorientierung schränkt eine ‚(ergebnis-) offene’ Bürgerbeteiligung ein. Beteiligung von ‚Interessenten’ in sog. Lenkungsgruppen dient der gemeinsamen Zielfindung und schlanken Umsetzungsstrategie.“ In Zeiten leerer öffentlicher Kassen (und damit: ausbleibender öffentlicher Investitionen) und hoher Arbeitslosigkeit ist mancherorts festzustellen, dass private bauliche Investitionsvorhaben eine eigene Dynamik entwickeln: städtebauliche Konzepte und Entwicklungsgrundsätze werden „den wirtschaftlichen Notwendigkeiten angepasst“, öffentliche Diskussionen über Planungsinhalte mit dem Hinweis auf den nichtöffentlichen Charakter der Inhalte von Verträgen zwischen Kommune und Investor nur noch unter dem Aspekt (und dem Druck) der schnellstmöglichen Realisierung des Vorhabens geführt“ (Grewe-Wache, Marianne / Drögmööer, Arne / Holm, Volker / Kniemeyer, Detlef / Steuer, Christof (2000): Fallstudie Bremen, in: Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung (2000), S. 300 – 309, Berlin)


"Führt also der Neu- und Ausbau der gewerblichen Wirtschaft zu einem Verlust an Bürgerbeteiligung, führt der Um- und Rückbau - vorwiegend im Bereich soziale Dienste und Wohnungsversorgung unter dem Stichwort neue Aufgabenverteilung dazu, dass der Staat mehr Verantwortung von den Bürgerinnen und Bürgern erwartet? Denn der Staat sieht sich nicht mehr in der Lage, bisher von ihm übernommene Aufgaben weiter zu leisten. Und je mehr staatliche Aufgaben und Regelungen entfallen, umso mehr ist das Engagement der BürgerInnen notwendig. („Zu grün, um wahr zu sein – Berlins Gewerbetreibende greifen Bezirken unter die Arme und übernehmen Kosten für die Pflege von Beeten und Parks“ Berliner Tagesspiegel, 22. Oktober 2012, http://www.tagesspiegel.de/berlin/zu-gruen-um-wahr-zu-sein/7281350.html)

„So ist es vor dem Hintergrund der eingangs erwähnten Rahmenbedingungen nicht verwunderlich, dass sich Bestrebungen durchgesetzt haben, die formellen Bürgerbeteiligungsverfahren durch informelle zu ergänzen, deren Fokus auf eine tatsächliche Kooperation der Planungsbeteiligten und -betroffenen ausgerichtet ist… Bezüglich des Tempos und der Breite der Umsetzung kooperationsdemokratischer Verfahren ist in der kommunalen Praxis jedoch eine erhebliche Varianz zu beobachten. Der Umsetzungsgrad hängt, typisch für freiwillige Verfahren, stark von örtlichen Faktoren ab, wie der Kooperationsbereitschaft der Verwaltung, des Bürgermeisters und des Rates, dem Vorhandensein akuter Kooperationsanforderungen von Seiten der Bürger oder der Begleitung durch die örtlichen Medien. Auch die Größe der Gemeinde spielt eine wichtige Rolle“ (Lüder Busch, Seite 3)