Vom lang angelegten Ehrenamtes zur projektbezogenen Beteiligung

Aus Planungspraxis - Planen verstehen
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„Es ist festzustellen, dass Planung in zunehmendem Maße in Form von Projekten konzipiert wird. Auch hier ist ein Wandel im Planungsverständnis erforderlich. Planung ist nicht mehr eine ‚Problemlösung auf Vorrat’ sondern ein aktueller, projektbezogener und komplexer Verhandlungs- und Bewertungsprozess. Mit den alten, hierarchisch gegliederten Entscheidungssystemen in der öffentlichen Verwaltung ist dieser nicht mehr zu bewältigen. Was aber ist erforderlich, um den notwendigen Wandel im Planungsverständnis zu fördern? - Zunächst einmal muss geprüft werden, wo Stadtplanung strategische Steuerungskraft entfalten kann 􀃆 wo kann Stadtplanung noch etwas bewegen? - Die ‚Nachfrage’ nach Stadtentwicklungsplanung sollte dann durch öffentliche und politische Diskussion, aktive Öffentlichkeitsarbeit und Information und durch den Aufbau von Netzwerken gesteigert werden. - Stadtentwicklungsplanung könnte die Aufgabe übernehmen, kooperative Strukturen zu initiieren und zu steuern und dabei gesamträumliche Entwicklungskonzepte zu integrieren. In einem solchen Prozess sollten Planer die Führungsfunktion übernehmen, damit die Zielgerichtetheit des fachlichen Ansatzes nicht verloren geht.“ (Lüder Busch, Seite 192)

Es wird aber auch, u.a. von Utz Schliesky (2001), festgestellt, dass kontinuierliche ehrenamtliche Arbeit sich wandelt - hin zu projektbezogenem bürgerschaftlichem Engagement: Gerd Fuchs (2001) meint jedoch, es sei falsch, bisweilen mangelnde Beteiligung an Wahlen und Volksbegehren als Beweis für die Unfähigkeit des Bürgers zu persönlichem Engagement heranzuziehen. Auch die Annahme, der Rückgang der bürgerlichen Partizipation in den klassischen Organisationen Partei, Gewerkschaft, Kirche, Wohlfahrtsverbände signalisiere geringeres soziales Interesse, sei falsch. „Die kleinen, selbstorganisierten und projektorientierten Organisationen nehmen zu (…). Das Engagement des Bürgers steigt mit der Beseitigung des Ohnmachtsgefühls und mit der Unmittelbarkeit des Betroffenseins (überschaubare Problemlage)“ (Lüder Busch, Seite 16)

Sicher, viele Rahmenbedingungen werden komplexer und sicher ist auch, dass viele, die sich engagieren, nicht die Anerkennung erhalten, die wünschenswert wäre. Allerdings ist gerade das freiwillige Engagement für ein Gedeihen unserer Gesellschaft unverzichtbar. Der englische Politologe Colin Crouch schreibt dazu in seiner neuesten Analyse treffend: „Die Zivilgesellschaft wird desto stärker sein, je mehr sie – in Form von Kirchen, karitativen Organisationen, Berufsverbänden und anderen Akteuren der fragmentierten Welt der Moral – den Staat und die Großkonzerne in Frage stellt und sie zwingt, an einem pluralistischen Dialog teilzunehmen, der sich ihrer alleinigen Kontrolle entzieht. […] Wir brauchen starke zivilgesellschaftliche Kräfte, die in der Lage sind, vielfältige Formen von Druck auf den verschiedensten Gebieten auszuüben, damit wir vergleichen und kritisieren können. […] Es gibt keinen Grund zur Mutlosigkeit. Selten zuvor wurde den Mächtigen derart wenig Ehrfurcht entgegengebracht, ertönte die Forderung nach Offenheit und Transparenz derart laut, wurde das Handeln der ‚Großen‘ von derart viele Bürgerinitiativen, Journalisten und Wissenschaftlern kritische begleitet.“ (S. 241 ff) Und: „/Für eine gute Sache einzutreten bedeutet harte, selten belohnte Arbeit. Es erfordert langen Atem und unablässige Wachsamkeit, und nie kommt man an den Punkt, an dem man sagen könnte: Wir haben unser Ziel erreicht…“ (S. 246) Colin Crouch, Das befremdliche Überleben des Neoliberalismus, Suhrkamp Verlag: Berlin 2011; [1] Die Aussagen mögen auf den ersten Blick enttäuschen, zeigen aber in Wirklichkeit, wie wichtig die Arbeit der Bürgerinitiativen ist, eben weil sie ein bedeutender Teil der Zivilgesellschaft sind. Das macht ihre - und unsere - Stärke aus.