Städtebauliche Gründe sind auch klimabezogene Gründe § 1 Abs. 5 BauGB

Aus Planungspraxis - Planen verstehen
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Eine noch heute in der Verwaltung weit verbreitete Ansicht ist – und das war vor 2004 herrschende Rechtsmeinung – dass Klimaschutz-Festsetzungen im Bebauungsplan unzulässig seien, weil Klimaschutz ein überörtlicher Belang sei, der sich dem bauplanungsrechtlichen Gestaltungsspielraum der Bezirke entziehe.

Wenn im Baugesetzbuch von Klimaschutz die Rede sei, könne nur der Schutz des örtlichen Kleinklimas gemeint sein. Diese Haltung wirkt sich immer noch auf die Praxis der Bauleitplanung in den Städten und Gemeinden aus, obwohl der Gesetzgeber im Jahr 2004 weitgehend Klarheit geschaffen hat und mit der Novellierung im Juli 2011 den globalen Klimaschutz in der lokalen Stadtentwicklung ausdrücklich einfordert: Mit der Novellierung des BauGB von 2011 wurde ausdrücklich im | § 1 Abs. 5 BauGB normiert, dass Bauleitpläne dazu beitragen sollen, „eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern“.

Dennoch: Immer noch lehnen Kommunalverwaltungen klima- und ressourcenschützende Maßnahmen im Städtebau mit dem Argument ab, sie seien generell nicht rechtmäßig, weil das BauGB den Gemeinden nicht das Recht einräume, übergemeindliche Politik zu betreiben.

In Anbetracht der Beharrungskräfte, die von der alten Rechtslage ausstrahlen, ist es besonders wichtig, die für Bauen und Bauleitplanung Verantwortlichen in den Städten und Gemeinden über die neuen Möglichkeiten für den verbindlichen Einsatz erneuerbarer Energien in der Bauleitplanung und Baugestaltung zu informieren. Der Klima- und Ressourcenschutz ist eine städtebauliche Aufgabe, was spätestens seit der grundlegenden Überarbeitung des Baugesetzbuches im Jahr 2004 und der Novellierung vom Juli 2011 nicht mehr ernsthaft bestritten werden kann und darüber hinaus nachdrücklich von der EU gefordert wird: Die Europäische Union sah sich veranlasst, den Mitgliedsstaaten aufzugeben (Richtlinie 2009/28/EG), bis spätestens 2014 angemessene erneuerbare Energien-Nutzungspflichten für Gebäude in ihre jeweiligen baurechtlichen Vorschriften zu integrieren“(1).

Der Begriff der „städtebaulichen Gründe“ ist dabei nach Maßgabe von | § 1 Abs. 5 S. 2 Abs. 6 BauGB auszulegen und bereits dann zu bejahen, wenn auf den mit der Einräumung der Bodennutzungsmöglichkeiten örtlich hervorgerufenen Energieverbrauch reagiert werden soll. Ausreichend, aber auch notwendig ist also der Bezug zum Energiebedarf der Gebäude bzw. der Siedlung im jeweiligen Planungsgebiet. Energiebedarfe werden also in der Bebauungsplanung mit bedacht, Energienutzungsfolgen (insbesondere der Ausstoß von Treibhausgasen) durch Festsetzungen im Plan reduziert.


(1) Hierzu „Rechtliche Rahmenbedingungen kommunaler Strategien für den Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien“, Prof. Dr. jur. Stefan Klinski, Rechtsanwalt Fabio Longo, IRIS Berlin Stand: 04.08.2006, S. 5ff